Der Deal mit dem DFB-Präsidenten

Schiedsrichter, Funktionär, Macher: Herbert Gerstel steht auch mit 68 Jahren noch regelmäßig auf dem Fußballplatz. Für die Sportfreunde Thalfang hat er eine Menge erreicht – und scheute dabei auch nicht vor großen Namen zurück.

Fein säuberlich führt er über jeden seiner Einsätze als Schiedsrichter Buch: Angefangen hat alles am 16. August 1981 mit dem A-Junioren-Spiel zwischen Haag und Longkamp. Das Ergebnis (in dem Fall ein 1:4), die Liga, besondere Vorkommnisse, Verwarnungen und Platzverweise: Herbert Gerstel hat seine bisherigen gut 38 Jahre als Unparteiischer lückenlos festgehalten. Der 1450. Einsatz steht nun am Sonntag in der Kreisliga B II an, wenn ab 12.15 Uhr die Sportfreunde Lok Wengerohr-Belingen und die SG Wittlich II in Ürzig aufeinandertreffen.

Auch dann achtet er wieder darauf, „den Spielern auf Augenhöhe zu begegnen“. Sein sachlicher Stil und die kooperative Art, die Spiele zu pfeifen, schlägt sich auch in der geringen Zahl an Platzverweisen nieder: Mit 113 Ampelkarten und 91 mal Rot sowie insgesamt früher noch üblichen Zeitstrafe (87) fallen seine Sanktionen relativ gering aus. Dass die Sitten rauer und der Respekt geringer geworden sind auf den Plätzen, kann er nicht behaupten: „Es ist auch immer ein Stück weit die Frage, wie man miteinander umgeht.“

Der heute 68-Jährige ist Fußballer mit Leib und Seele: Nach seiner zwölfjährigen Bundeswehrzeit kam der aus Balduinstein an der Lahn stammende Gerstel Ende der Siebziger nach Thalfang, um hier seinen Dienst bei der Verbandsgemeindeverwaltung anzutreten. Eher per Zufall wurde er Schiedsrichter: „Ich kam als Letzter zur Jahreshauptversammlung der Sportfreunde Thalfang. Plötzlich hieß es, dass der Verein dringend Schiedsrichter brauche. Darauf habe ich zugesagt, sofern ich Dienstbefreiung für den Kurs in Koblenz erhalte. Das hat geklappt – und seitdem bin ich dabei.“

Gastspiele im Norden und in Spanien

Im Gespann mit dem Thalfanger Winfried Brörmann war Gerstel bis hinauf zur Rheinlandliga als Assistent aktiv, leitet auch heute noch ab und an Spiele in der A-Klasse, meist aber in der B- und C-Liga. Der Blick über die Kreisgrenzen hinaus hat es ihm immer wieder angetan: Gerne leitet er auf der anderen Hochwaldseite im Raum Birkenfeld Partien („Der Fußball dort ist noch etwas besser als der bei uns.“). Über einen Bekannten kam zudem der Kontakt nach Norddeutschland zustande, wo Gerstel als Austausch-Schiri 2001 und `03 brisante Begegnungen im Kreis Celle pfiff. International war er sogar mal bei einem Jugendturnier im spanischen Salou im Einsatz.

Zunächst Geschäftsführer, dann Jugendbetreuer und von 1992 bis ´03 Vorsitzender: Die Sportfreunde Hochwald Thalfang hat Gerstel über viele Jahre hinweg geprägt. Großen Anteil hatte er am Bau des Vereinsheims, an der Finanzierung des Kunstrasens und an der Errichtung des Mini-Spielfeldes im Schulzentrum. „Dass wir solch eine Anlage im Rahmen der DFB-Kampagne erhalten, habe ich mit dem damaligen Präsidenten Theo Zwanziger am Rande einer Tagung auf der Toilette eines Schweicher Lokals eingefädelt“, erinnert sich Gerstel mit einem Augenzwinkern.

Mitglied der Kreisspruchkammer („Es gab schon Fälle, da sind Vereine mit Anwälten gekommen, um ihr Recht durchzudrücken. Momentan ist es aber ziemlich ruhig.“) ist er seit 2001. Als Funktionär der Sportfreunde zog er sich aber 2003 zurück: Gerade war seine erste Ehefrau Mechthild nach schwerer Krankheit verstorben. Doch die Pfeiferei und auch Vereinskameraden wie Friedhelm Fetzer und Thomas Steinmetz halfen Herbert Gerstel, wieder neuen (Lebens-) Mut zu schöpfen. Überhaupt sieht er viel Positives, sich als Schiedsrichter einzubringen: „Man kann eine Menge Lebenserfahrung sammeln, lernt, eigene Entscheidungen durchzusetzen, bleibt dem Sport verbunden und kann noch dazu ein kleines Taschengeld verdienen.“

Ende 2020 soll Schluss sein

Auszeichnungen wie bereits 1997 zum Ehrenamtspreisträger im Spielkreis Mosel, 2006/07 zum Schiedsrichter des Jahres und im Juni– hier erhielt er die Goldene Ehrennadel des Fußballverbandes Rheinland – empfindet Gerstel als zusätzliche Motivation.

Trotzdem kündigt er das Ende seiner Schiedsrichterlaufbahn an: Zum 31. Dezember 2020 soll Schluss sein. „Dann zähle ich in der Saison noch aufs Soll der Sportfreunde Thalfang“, begründet er den Schritt inmitten der kommenden Runde. Die 1500er Einsatzmarke wird er dann in wohl nicht mehr erreichen. „Doch irgendwann muss man einen Schlussstrich ziehen“, merkt Gerstel an. Dann will er mit Ehefrau Birgit ein anderes Hobby forcieren – das Reisen. Vor kurzem erst waren beide in St. Petersburg. Bald steht eine Schiffsreise in die USA an. Sonntag geht´s aber bekanntlich erst mal zum 1450. Spiel nach Ürzig.

Autor: Andreas Arens

Quelle: https://www.fupa.net/berichte/sportfreunde-thalfang-der-deal-mit-dem-dfb-praesidenten-2485766.html