Obmann Marc Schiry im Interview

Marc Schiry ist Schiedsrichterobmann im Spielkreis Mosel. Der 28-jährige Rheinlandliga-Schiedsrichter aus Gornhausen spricht im Interview unter anderem über das Schiedsrichtersoll, die Qualität der Spielleitungen und über sinkende Schiedsrichterzahlen.

Wie viele Schiedsrichter gibt es im Spielkreis Mosel?

Zurzeit haben wir im Spielkreis Mosel 97 Schiedsrichter. Dies bedeutet im Vergleich zum Vorjahr einen deutlichen Rückgang. Ursächlich dafür sind meist verletzungsbedingte und beruflich bedingte Abmeldungen. Durch sehr spärliche Anwärterzahlen in den letzten 4 bis 5 Anwärterlehrgängen konnten wir diesen Rückgang nicht auffangen. Mit der aktuellen Anzahl befinden wir uns gerade so am Minimum, um einen geordneten Spielbetrieb zu gewährleisten.

Wie hoch ist geschätzt der Anteil der Schiedsrichter, die nur pfeifen, um das Schiedsrichtersoll für ihren Verein zu erfüllen?

Sicherlich gibt es den Einen oder Anderen, der nur aus Vereinstreue anfängt und einen möglichen Zwangsabstieg seines Vereines verhindern möchte. Der absolut überwiegende Teil unserer Schiedsrichter ist jedoch „Überzeugungstäter“. Nicht selten kommt es auch vor, dass Schiedsrichter aus reiner Vereinsliebe die Prüfung ablegen und später auf Freude und Spaß am Hobby über Jahre hinweg weitermachen und „hängen“ bleiben.

Wie ist die aktuelle Schiedsrichtersituation im Spielkreis Mosel?

Im Grunde ist die Schiedsrichtervereinigung gut aufgestellt. Durch die hohe Einsatzbereitschaft unserer Schiedsrichter schaffen wir es trotz der geringen Zahl, den Spielbetrieb zu organisieren. Dabei hilft sicherlich auch die gute Zusammenarbeit mit den Vereinen.
Auf Verbandsebene sieht es nach Jahren der Durststrecke wieder ganz gut aus. Im Moment haben wir mit Jan-Hagen Engel ein hoffnungsvolles Talent als Ersatzmann in der Oberliga. Er löst dabei Christoph Zimmer, der jahrelang das „Aushängeschild“ des Kreises gewesen ist und aus beruflichen Gründen ab dieser Saison neben mir in der Rheinlandliga eingesetzt wird, ab. Mit Paulin Schweisel, Tim Steffens, Janek Eiden, Dominik Franklin und Michael Reinhard haben wir zusätzlich 5 Schiedsrichter in der Bezirksliga. Über kurz oder lang wird sicherlich noch der Eine oder Andere den Sprung in höhere Klassen schaffen. Auch im Nachwuchskader des Verbandes hat der Spielkreis Mosel seine 3 zur Verfügung stehenden Plätze voll besetzt und hat für diese kommende Saison bereits weitere junge Aspiranten. Dennoch stehen wir in den nächsten Jahren vor einen gewaltigen Umbruch bezüglich der Altersstruktur unserer Schiedsrichter.

Wo gibt es die größten Probleme?

Wie bereits erwähnt, haben wir arge Personalnöte. Erfahrene Schiedsrichter-Kameraden beenden meist nach Jahrzenten ihre Laufbahn und gehen in den wohlverdienten „Ruhestand“. Das bedeutet für uns einen massiven Umbruch gerade in den B- und C-Klassen. Der Schlüssel zur Bewältigung des Problems sind die Anwärterzahlen. Mit mehr Neulingen können wir nicht nur die Quantität der Schiedsrichter, sondern auch die Qualität der Spielleitungen in den höheren Kreisklassen besser sicherstellen. In den letzten Monaten haben wir einfach zu wenige Anwärter gewinnen können. Obwohl einige Vereine das geforderte Soll an Schiedsrichtern nicht erfüllen, ist die Anzahl an Anwärtern rückläufig. Dies ist alarmierend, da wir im Moment von der bestehenden „Substanz“ leben und diese zukünftig altersbedingt schrumpfen wird. Dabei wäre es zu kurz gedacht, den Vereinen die alleinige Schuld zu zuschreiben. Es ist generell schwierig für die Vereine, Ehrenamtler zu finden. Daher müssen SRV und Vereine das Problem gemeinsam angehen. Aus diesem Grund haben wir eine Schiedsrichterkommission ins Leben gerufen, die sich mit den Zukunftsfragen rund um das Schiedsrichterwesen im Spielkreis Mosel kümmern soll und als erste Aufgabe eine Strategie zur Nachwuchsgewinnung ausarbeiten soll. Dazu werden wir hoffentlich noch in dieser Saison gezielt auf die Vereine zugehen und z.B. durch dezentrale Informationsveranstaltungen mit den Vereinen versuchen, Neulinge zu gewinnen.

Fans und Zuschauer bemängeln oft die Qualität der Schiedsrichterleistungen. Haben die Leistungen in den letzten Jahren nachgelassen?

Man muss dies differenzierter betrachten. Natürlich kommt es immer wieder vor, dass während des Spiels und kurze Zeit später Zuschauer, Spieler und Trainer ihren Unmut über die Schiedsrichter-Leistung äußern. Dennoch zeigen die Rückmeldungen, die wir von den Vereinen bekommen, dass die Vereine mit den Leistungen unserer Schiedsrichter eigentlich ganz zufrieden sind. Das zeigt, dass durch eine zeitliche Distanz zu den Spielen und dem Abklingen von Emotionen, meist eine sachliche Beurteilung der gezeigten Schiedsrichter-Leistungen durch die Vereine erfolgt. Dies gilt im Übrigen verbandsweit.

Welche Rolle spielt die zunehmende Gewalt gegen Schiedsrichter?

Zuträglich sind diese unrühmlichen Vorkommnisse in Fußball-Deutschland gegenüber Schiedsrichtern sicherlich nicht. Zwar sind diese Vorfälle statistisch gesehen die absolute Ausnahme, dennoch kommt es durch die höhere mediale Aufmerksam im Vergleich zu den letzten Jahren zur Steigerung der subjektiven Unsicherheit. Da überlegt man es sich sicherlich zweimal, ob man sich diesem dennoch schönen Hobby annehmen möchte. Das ist wohl der nachhaltigste Schaden am Schiedsrichterwesen, den diese Vorfälle zur Folge haben.
Ich denke der gesamte Fußball, vom DFB bis hin zu den Kreisen, ist nun gefragt. Gewalt erfahren nicht nur Schiedsrichter, sondern auch Spieler, Zuschauer oder Trainer. Es hat sich über die Jahre mehr oder weniger eine Selbstverständlichkeit gegenüber gewissen Gewalthandlungen auf den Fußballplätzen etabliert. Beleidigungen sind für die Schiedsrichter gerade neben dem Platz leider schon eine Selbstverständlichkeit. Auch Tätlichkeiten zwischen Spielern auf dem Platz sind unschön und werden auch entsprechend betraft, dennoch kommen diese immer wieder vor. Oft werden solche Entgleisungen mit „Emotionen gehören zum Fußball“ begründet, doch greift das meiner Meinung nach zu kurz. Das beste Beispiel bietet hier der Handball. Handballspiele sind in der Regel mindestens genauso emotional und im fairen Rahmen körperlich, wie Fußballspiele. Dennoch wären solche Vorkommnisse, wie sie sich die letzten Wochen im Fußball ereignet haben, hier nicht vorstellbar. Das sollte uns allen zu denken geben und in Zukunft als Vorbild für einen besseren Umgang miteinander dienen.